Neutron Star Systems – Pionier der Raumfahrtindustrie der Zukunft

Hallo Manuel, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Neutron Star Systems kurz vor:

Mein Name ist Manuel La Rosa Betancourt, ich bin CEO und Mitgründer von Neutron Star Systems. Ich habe vor 4 Jahren NSS gegründet. An meiner engen Seite habe ich Dr. Michael Winter. Er ist CTO von Neutron Star Systems und ein früherer NASA- und ESA-Forscher, ehemaliger Professor an der Universität von Kentucky und ein Plasma Diagnostik Experte. Er hat Raumfahrtingenieur an der Universität Stuttgart studiert und an unserer Antriebstechnologie gearbeitet. Michael bringt sehr viel Knowhow mit und wir sind sehr glücklich ihn bei uns zu haben. Paul Mendoza ist unser Operations Manager. Paul hat für NSS schon in den USA für über 1 Jahre gearbeitet und dort Commercial Operations geleitet. Er ist vor kurzem nach Deutschland gezogen, um sich um „Commercial Operations“ von NSS zu kümmern. Paul bringt auch sehr viel Erfahrung mit, insbesondere über kommerzielle und Verteidigungsmärkte in den USA. Zusammen mit 11 Ingenieuren und Naturwissenschaftler bauen wir unseren Produkten für Weltraummobilität.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen?

Neutron Star Systems ist ein in München ansässiges Weltraum Startup, das sich auf die Verwendung von Hochtemperatursupraleitern (HTS) in verschiedensten Systemen für die Weltraumindustrie spezialisiert hat. Wir ermöglichen durch verbesserte Leistung, Kompaktheit, Effizienz und Gewichtsreduzierung Raumfahrtmissionen der nächsten Generation und erschließen damit neue kommerzielle und militärische Möglichkeiten für Raumfahrzeuge. Unser Vorzeigeprodukt SUPREME kombiniert einen magnetoplasmadynamischen Antrieb mit einem angewandten Magnetfeld AF-MPD mit der HTS-Technologie und bietet eine hervorragende Skalierbarkeit, Effizienz und Treibstoffflexibilität. SUPREME ermöglicht fortschrittlichere Raumfahrtmissionen bei gleichzeitiger deutlicher Kostenreduzierung dank höherer Schubkraft, größerer Treibstoffflexibilität unter Verwendung eines 1.000-mal billigeren Treibstoffs und verbesserter Manövrierfähigkeit.

Welches Problem wollt Ihr mit Neutron Star Systems lösen?

Wir haben mehrere Projekte bei Neutron Star Systems. Natürlich unseren Flagship SUPREME Antrieb, der viele Vorteile gegenüber der Konkurrenz mitbringt. SUPREME bietet eine bessere Skalierbarkeit, höhere Schubkraft, Effizienz, Manövrierfähigkeit und Treibstoffflexibilität und senkt die Kosten durch die Möglichkeit billigere Treibstoffe zu verwenden. So können Unternehmen ihre Satelliten mit einem besseren Antrieb ausstatten und es können sogar neue Märkte erschlossen werden, wie der On-Orbit Servicing, Assembly, and Manufacturing Markt (OSAM), welcher die Lebensdauer von Satelliten drastisch erhöhen kann.

  • Das zweite Projekt heißt MEESST. MEESST steht für Magnetohydrodynamic Enhanced Entry System for Space Transportation. Während dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre entsteht durch die Reibung mit der Luft vor dem Raumschiff extrem hohe Temperaturen und es bildet sich sogar ein Plasma. Dies kann zu riesigen Katastrophen führen, wenn der Hitze Schutz der Kapsel beschädigt oder ungenügend ist. Ein weiteres Problem, welches durch das Plasma entsteht, ist der Abbruch der Kommunikation zwischen Raumschiff und Bodenkontrolle. Um diese Probleme zu lösen, setzt MEESST als erstes seiner Art auf einen hochtemperatursupraleitenden Magneten, der ein magnetisches Feld um das Raumschiff erzeugt, was, das durch die Reibung entstehende Plasma, von der Kapsel weghält. So kann die Dicke des Abschirmungsmaterials reduziert werden und somit Gewicht gespart werden. Auch erzeugt es Korridore im Plasma, sodass die Kommunikation während dem Eintritt ununterbrochen funktioniert.
  • Ein drittes Projekt setzt auf eine ähnliche Funktionsweise und soll die Crew an Bord des Raumschiffs vor Strahlung aus dem All auf langen Flugzeiten, wie zum Beispiel zum Mars, schützen. Dafür wird wieder ein magnetisches Feld um das Raumschiff erzeugt, welches diese Strahlung von den Insassen fernhält.

Wie ist die Idee zu Neutron Star Systems entstanden?

Prof. Dr. Georg Herdrich forscht am Institut für Raumfahrtsysteme an der Universität Stuttgart an AF-MPD Antrieben. Diese haben einige Vorteile gegenüber anderen elektrischen Antrieben, waren jedoch in der Praxis nicht umsetzbar. Durch die Entdeckung von HTS wurde es nun möglich die AF-MPD Antriebe auch für kommerzielle Zwecke zu entwickeln. Daher wurde Neutron Star Systems gegründet, um SUPREME zu einem kommerziellen elektrischen Antrieb zu entwickeln.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Neutron Star Systems erklären?

Ich würde meiner Mutter und Bekannten, die nicht in der Raumfahrt Industrie arbeiten, Neutron Star Systems als ein Unternehmen erklären, welches neue Lösungen und die Logistik für die Raumfahrt entwickelt.

Wenn man sich Satelliten und Raumschiffe wie Autos vorstellt, dann entwickelt Neutron Star Systems die Motoren, aber auch Sicherheitsausstattungen für diese Autos. Wie bei Autos, gibt es auch in der Raumfahrt elektrische und konventionelle, also chemische, Antriebe. Beide haben ihre Vorteile. Die elektrischen Antriebe könnten als die umweltfreundlichen Elektroautos betrachtet werden, die effizient fahren, während die konventionellen chemischen Antriebe eher wie herkömmliche Benzin- oder Dieselfahrzeuge sind, die für schnelle Beschleunigung und starke Leistung bekannt sind. Auch kann man Hybridsysteme ähnlich wie Hybridautos bauen. Diese ermöglichen die Vorteile beider Antriebe zu nutzen.

Neben den Antrieben entwickelt Neutron Star Systems auch noch verschiedene Sicherheitssysteme. Ähnlich wie Sensoren in Autos, die die Sicherheit auf überfüllten Straßen gewährleisten, sind auch im Weltraum Sensoren unerlässlich, um Kollisionen mit anderen Objekten zu vermeiden. Da der Weltraum um die Erde auch sehr voll mit Satelliten ist, müssen diese genau wissen, was um ihnen ist.

Auch könnte es sein, dass ein Teil eines Satelliten kaputt geht. Dann möchte man nicht direkt einen komplett neuen Satelliten kaufen, sondern in eine Werkstatt gehen. Um so besser ist es, wenn die Werkstatt sehr nah ist. Daher ermöglicht Neutron Star Systems eine Werkstatt für Satelliten und Raumschiffe im All zu haben.

Eine weitere Herausforderung ist die starke Strahlung im Weltraum. Wenn man bei starker Sonne im Auto sitzt, schützt einen die Glasscheibe vor der gefährlichen Strahlung und somit vor einem Sonnenbrand. Wenn nun Menschen im Weltraum reisen, dann ist diese Strahlung nochmals viel stärker und man muss die Passagiere vor dieser Strahlung schützen. Dies kann durch die Technologien, die NSS entwickelt ermöglicht werden, indem die Strahlung abgelenkt wird.

Möchten nun die Astronauten zurück auf die Erde, so steht ihnen nochmals ein Problem bevor. Im Weltraum selbst gibt es keine Luft und somit auch keinen Gegenwind. Möchte man nun jedoch wieder auf die Erde, so entsteht viel Gegenwind und je schneller man fährt, desto mehr Gegenwind tritt auf. Da Raumschiffe sehr schnell sind tritt besonders viel Gegenwind auf. Dieser bremst das Raumschiff zwar ab, und während beim Auto die Bremsen heiß werden, so wird beim Raumschiff die Luft davor erwärmt. Die Luft erwärmt sich auf über 10.000°C und davor müssen die Passagiere an Bord geschützt werden. Hier entwickelt NSS einen sehr innovativen Weg, der die Hitze vor dem Raumschiff umlenkt, sodass die Crew geschützt bleibt.

Mit all diesen Innovationen ermöglicht NSS die Raumfahrtindustrie zu revolutionieren.

Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert?

Nein, die Konzepte, die hinter unseren Technologien stehen, sind im Allgemeinen sehr gut verstanden. An der Technologie wurde schon sehr lange an Forschungsinstituten wie dem Institut für Raumfahrtsysteme an der Universität Stuttgart geforscht und es gibt viele Prototypen. Durch neue Entwicklungen in der Supraleitertechnologie ist es nun möglich geworden, diese Technologie in Antriebssystemen für Satelliten und Raumschiffe einzusetzen. Diese Hochtemperatursupraleiter müssen jedoch auf sehr niedrige Temperaturen gekühlt werden, weshalb ein System zur Kontrolle der Temperatur notwendig ist. In den letzten Jahren sind wir mit der Entwicklung dieses Systems fortgeschritten. Es gibt jedoch auch Konkurrenz aus anderen Ländern, insbesondere Neuseeland, welche mit der DLR zusammen an den gleichen Technologien wie wir forschen.

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell?

Wir entwickeln neuartige Technologien für die Raumfahrtindustrie und finanzieren uns durch Zuschüsse von unterschiedlichen Organisationen wie ESA, der European Innovation Council oder dem bayrischen Staat. Während der Entwicklung patentieren wir Ergebnisse und ermöglichen uns somit die Lizensierung dieser Technologien an andere Unternehmen.

Wie genau hat sich Neutron Star System seit der Gründung entwickelt ?

Neutron Star Systems wurde in Dezember 2019 in Köln von mir und zwei weiteren Partnern gegründet, um SUPREME Tech zu kommerzialisieren. 2020 hat NSS sein erstes Patent eingereicht und erhält 282.140€ als Teil des MEESST Konsortium und die Gründer erhalten ein Gründer Stipendium in Wert von 24.000€. Ein Jahr später unterzeichnet NSS einen Vertrag über 250.000€ mit der Europäischen Space Agency, um ein supraleitendes Kabel für Instrumente für Raumschiffe zu entwickeln. Über die letzten zwei Jahre konnte NSS nochmals mehr als 5.6 Millionen Euro an Fördergeldern sammeln, um die Entwicklung von SUPREME und anderen Projekten bis zur Kommerzialisierung zu bringen. Neutron Star Systems hat am Anfang mit 3 Mitarbeitern gestartet und ist über die Zeit auf 14 Mitarbeiter gewachsen.

Wie groß ist Euer Startup inzwischen?

Neutron Star Systems hat inzwischen 14 Mitarbeiter

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?

Völlig gescheitert ist bisher nur ein Förderantrag beim Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zusammen mit der Rocket Factory Augsburg in Höhe von 2,4 Mio. € für den Bau eines Kleintriebwerks für ein Transferraumfahrzeug. Leider konnten wir unseren Eigenanteil an dem Projekt nicht decken. Es fehlte an der Finanzierung. Dass solche Fördermöglichkeiten verloren gehen, weil man keinen Investor findet, ist wirklich nicht schön.

Was habt Ihr daraus gelernt?

Man lernt, dass man niemals zu früh aufgeben sollte. Es gibt immer Licht am Ende des Tunnels und man geht stärker und abgehärteter hervor. Letztendlich, man muss über den Tellerrand hinausgucken und Horizon erweitern.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

Man macht nie alles richtig aber unser Team ist hervorragend zusammengestellt, wir haben einen super Mix aus jungen Studenten und erfahrenen Experten. So wird die Entwicklung von hochkomplexen, neuartigen Technologien bei uns ermöglicht. Auch unsere Partner wie das Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) an der Universität von Stuttgart sind hervorragende Ergänzungen, welche uns extrem bei der Entwicklung unserer Technologien unterstützen.

Wie ist Euer Startup finanziert?

Bootstrapping! Wir finanzieren uns durch Zuschüsse von verschiedenen Institutionen wie der ESA, dem European Innovation Council oder der US Space Force. Außerdem sind wir auf der Suche nach Investoren. Aus diesem Grund flog ich am 3. April nach New York, um amerikanische Investoren von unserer Vision und unserem Unternehmen zu überzeugen.

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?

Wir wollen das MEESST Projekt im Juni 2024 beenden und ein Folgeprojekt, welches sich mit der Entwicklung eines Prototyps beschäftigt beginnen. Unser SUPREME Projekt wollen wir nach vorne bringen und unserem Ziel, der In-Orbit Demonstration des SUPREME Antriebs, näherzukommen. Wir hoffen endlich, dass wir visionäre und mutige Investoren finden werden um unsere Firma zu skalieren.

Vielen Dank für das Interview.

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