NEUREVO im Interview

Hallo Francisco, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei NEUREVO kurz vor:

Gerne. NEUREVO ist ein Bio-Tech Spin-off Projekt an dem Klinikum der Universität München. Unser Unternehmen ist noch nicht gegründet aber das soll noch dieses Jahr geschehen.

Wir sind ein internationales Gründerteam, was sich in Ihren Qualifikationen sehr gut ergänzt. Francisco Pan-Montojo aus Spanien ist Facharzt für Neurologie und unser Projektleiter. Yanina Dening aus Argentinien hat molekulare Biotechnologie studiert und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Erforschung von Zellkulturen in vitro. Alexandra Chovsepian aus Griechenland hat Biologie und Neurowissenschaften studiert und in Neurobiologie promoviert. Sie ist unsere Expertin für in vivo Experimente. Jochen Rheinwald bringt als Dipl.-Kaufmann die betriebswirtschaftliche Expertise in das Team und legt als einziger „German Native“ Hand an, wenn es nötig ist, Texte auf Deutsch Korrektur zu lesen.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startups, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?

Wir haben zwei neuroprotektive Substanzen entdeckt, die erfolgreich in in vitro und in vivo Modellen von Schlaganfall, Parkinson und ALS als Therapie getestet wurden. Wir kennen auch den Wirkmechanismus beider Substanzen, womit wir unser Geschäftsmodell auf zwei Säulen gestellt haben: a) Die bisher vielversprechenden Substanzen zu einer zugelassenen Therapie entwickeln – die typische Arzneimittelentwicklung und b) das Wissen über den Wirkmechanismus und eigene Screeningverfahren verwenden, um weitere medizinische Anwendungen zu identifizieren.

Welches Problem wollt Ihr mit NEUREVO lösen ?

Aktuell gibt es keine kausale oder protektive Behandlung gegen neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson und ALS oder Schlaganfall. Das heißt es gibt keine Behandlung gegen den Zelltod von Neuronen, die krankheitsspezifisch betroffen sind. Üblicherweise werden neurodegenerative Erkrankungen rein symptomatisch behandelt, d.h. nur die Symptome aber nicht die Ursache wird behandelt. Wir haben Substanzen entdeckt, die neuroprotektiv wirken. Weltweit betrifft das 15 Millionen Menschen in den drei Indikationen Parkinson, ALS und Schlaganfall. Darüber hinaus forschen wir auch an der Anwendung für weitere Krankheitsbilder.

Wie ist die Idee zu NEUREVO entstanden ?

Die Beantwortung der Frage wird jetzt etwas wissenschaftlich. Die Idee stammt aus der Grundlagenforschung mit dem Modellorganismus C. elegans (ein Wurm).

Diese Würmer haben die Fähigkeit, unter ungünstigen Umweltbedingungen in einen sogenannten „Dauer“-Larvenzustand zu gelangen. Als Dauerlarven haben sie die Fähigkeit, mehr als das Zehnfache dessen zu leben, was sie leben würden, wenn sie den normalen gesamten Lebenszyklus durchführen würden. Was noch nicht so bekannt ist, diese Würme können sich an Trockenzeiten gut anpassen, indem sie als Dauerlarve während dieser Zeiten ausgetrocknet werden und beim Regen wieder hydriert werden können, ohne zu sterben.

Dieser Prozess ist ein metabolischer „Stopp-Start“, ähnlich wie bei einem Schlaganfall und der anschließenden Reperfusion des neuronalen Gewebes nach der Wiedereröffnung der Arterie.

Wir stellten fest, dass eine der zellulären Veränderungen in den Würmern, um diese lebensgefährliche Situation zu überleben, die Überproduktion von zwei Enzymen war, die unsere Substanzen in großen Mengen produzieren.

Die Idee entstand aus der Überlegung, dass diese Substanzen eine neuroprotektive Rolle in diesem Prozess spielen könnten. Tatsächlich zeigten unsere Ergebnisse, dass beide Substanzen für den Schutz der mitochondrialen Funktion und der Neuronen in dieser Situation verantwortlich waren.

Da dieser Prozess in Würmern ähnlich zu einem Schlaganfall war und viele neurodegenerative Krankheiten mit einer Beeinträchtigung der mitochondrialen Funktion einhergehen, war dann die Überlegung, ob dieser protektive Effekt auch bei Schlaganfall und neurodegenerativen Erkrankungen wie ALS und Parkinson zu beobachten ist, was auch der Fall war. Damit hatten wir eine potenzielle Behandlung entdeckt, die jetzt zu einer zugelassenen Therapie für die Patienten entwickelt werden soll.

Wie würdest Du Deiner Großmutter NEUREVO erklären ?

Wir haben ein Mittel entdeckt, das gegen schwere neurologische Krankheiten helfen kann. Wir wollen daraus ein zugelassenes Medikament entwickeln, das auch Onkel Eduard gegen seine Parkinson Erkrankung nehmen kann.

Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?

Nein

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?

Wie ich in der Vorstellung bereits angesprochen habe, sind wir im Grunde ein klassisches Bio-Tech Geschäftsmodell. Wir haben aus Forschungsergebnissen an der Universität eine Geschäftsidee zur Medikamentenentwicklung gewonnen. Die Anwendung unserer Substanzen ist bislang durch zwei Patente geschützt und ein drittes ist in der Vorbereitung. Die Umsätze sollen sich aus Lizenzvereinbarungen mit Pharmaunternehmen generieren, wobei wir auch realistisch sind und es oft zu Teil- oder Gesamtverkäufen des Unternehmens an ein Pharmaunternehmen kommt, so genannte Trade Sales.

Wie genau hat sich NEUREVO seit der Gründung entwickelt ?

Wir sind noch nicht gegründet aber durch den Münchner Business Plan Wettbewerb und andere Initiativen, konnten wir unsere Projektziele und unser Geschäftsmodel verfeinern und noch attraktiver machen.

Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?

Wir sind aktuell 4 Gründer mit einem großen Netzwerk an ausgesprochen kompetenten Experten auf deren Gebieten und wir planen, das operative Team auf 9 oder 10 in den kommenden Jahren zu erhöhen, sobald wir mit einem Investor in die klinischen Studien gehen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?

Die wissenschaftlichen Experimente hätten wir etwas gezielter und effizienter auf die Produktentwicklung durchführen können.

Was habt Ihr daraus gelernt ?

Das in der Industrie aber auch in der Forschung effiziente Arbeit möglich und wünschenswert ist.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

Wir haben immer die Motivation und die Resilienz gehabt, um weiter zu machen und die Schwierigkeiten zu überwinden.

Wie ist Euer Startup finanziert ?

Wir können mit Stolz sagen, dass wir bislang 2 Mio. Euro an öffentlichen Fördergeldern eingeworben haben, was ein deutliches Zeichen von Vertrauen in das Projekt und das Team ist. Aktuell und bis voraussichtlich Ende dieses Jahres sind wir über EXIST-Forschungstransfer, ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, finanziert. Zuvor wurden wir über das Förderprogramm FLÜGGE des Freistaates Bayern und über die Deutsche Forschungsgesellschaft finanziert.

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?

Neben zwei ergänzenden präklinischen Experimenten ist auf der wissenschaftlichen Seite eine abschließende Toxizitätsstudie zu unseren Substanzen nötig, um den Zulassungsantrag für eine klinische Studie einreichen zu können. Auf der kommerziellen Seite arbeiten wir an einer Finanzierung der Toxizitätsstudie und der anschließenden klinischen Studie. Die rechtliche Unternehmensgründung steht ebenfalls an, die aber sachlich betrachtet, im Vergleich zu den anderen Vorhaben, eher eine Formalie darstellt, solange wir uns im Team über den Inhalt der Gesellschaftervereinbarung einig sind.

Vielen Dank für das Interview.

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