Pina Earth hilft Waldbesitzenden nicht nur mit Holz Geld zu verdienen, sondern auch für Klimaschutz entlohnt zu werden

Hallo Gesa, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Pina Earth kurz vor:

Vielen Dank, dass ihr auf uns zugekommen seid. Mein Name ist Dr. Gesa Biermann, ich bin Mitgründerin und Geschäftsführerin von Pina Earth, einem ClimateTech Startup aus München. Pina Earth ermöglicht Waldbesitzenden die Finanzierung von Waldumbau und schafft so klimaresiliente Wälder in ganz Deutschland. Ich selbst bin seit 10 Jahren im Nachhaltigkeitsbereich aktiv und habe an der LMU zum Thema nachhaltige Ernährung promoviert. Daneben war ich Teil der Leitung des Center of Digital Technology and Management (CDTM). Dort habe ich auch meinen Mitgründer Florian Fincke kennengelernt. Mittlerweile sind wir 15 Leute im Team von Pina Earth und kombinieren Expertise aus der Umwelt- und Forstwissenschaft, Data Science, Software-Entwicklung und Geschäftsentwicklung.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen?

Gerne! Pina Earth entwickelt zertifizierte Klimaschutzprojekte mit dem Ziel, Wälder in Deutschland klimaresilient zu gestalten. Die Wälder in der EU sind aufgrund des Klimawandels stark gefährdet. Um dem entgegenzuwirken und unsere Wälder zukunftssicher gegen zunehmende Hitze, Stürme und Trockenheit zu machen, müssen Monokulturen in Mischwälder umgebaut werden. Das ist ein aufwändiger und kostenintensiver Prozess, der in Deutschland allein von ca. zwei Millionen Waldbesitzenden gestemmt werden muss. Um die Finanzierung dessen zu unterstützen, haben wir eine Technologie entwickelt, die die zusätzliche CO2-Senkleistung der Waldumbaumaßnahmen simuliert und quantifiziert. Die zusätzliche CO2-Senkleistung verkaufen wir in Form von CO2-Zertifikaten an Unternehmen, die damit einen regionalen Klimabeitrag leisten können. Die Einnahmen aus dem Verkauf fließen zurück an die Waldbesitzenden zu Finanzierung ihrer Umbaumaßnahmen.

Welches Problem wollt Ihr mit Pina Earth lösen?

Ganz einfach gesagt wollen wir mit Pina Earth unsere Wälder klimasicher machen. Ein Drittel der Fläche in Deutschland ist von Wald bedeckt. Die Waldzustandserhebung 2022 hat die Auswirkungen des Klimawandels wieder dramatisch deutlich gemacht: 4 von 5 Bäumen sind krank. Seit 2018 sind in Deutschland über 500.000 Hektar der Waldfläche dem Klimawandel zum Opfer gefallen. 3 Millionen Hektar Wald müssen in den kommenden Jahren umgebaut werden!

Dazu müssen wir vielleicht auch nochmal kurz erklären, warum wir überhaupt von Monokulturen – also Flächen auf denen fast ausschließlich eine Baumart – ausgehen. In industrieller Effizienz wurden in Deutschland, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, meist Fichten in sauberen Reihen angepflanzt. Man kann sich das bildlich wie “Streichholzwälder” vorstellen. Diese Reinbestände sind von einer Baumart dominiert und haben alle dasselbe Alter und dieselbe Höhe. Dies hat zur Folge, dass diese Flächen Schädlingen, Dürren und Stürmen ausgesetzt sind – großflächige Kalamitäten sind oftmals das Ergebnis. Die Lösung ist, Monokulturen mit unterschiedlichen Baumarten zu unterbauen, sodass der Wald mehr Stabilität bekommt und wir das Risiko des Klimawandels reduzieren können. Das ultimative Ziel dabei ist, einen mehrschichtigen Mischwald zu schaffen, der den Herausforderungen des Klimawandels standhalten kann. Warum? Weil unser Wald nicht nur das Zuhause für 80% der terrestrischen Biodiversität ist, sondern auch einer unserer zentralsten CO2 Speicher ist.

Wie ist die Idee zu Pina Earth entstanden ?

Die ursprüngliche Idee für Pina Earth entstand nicht in einem romantisierten „Eureka-Moment“, den sich manche vorstellen. Für uns stand am Anfang das Team und der Konsens, dass wir mit unserer Arbeit einen gesellschaftlichen Beitrag leisten wollen. Insgesamt widmen wir unserer Karriere etwa 80.000 Stunden. Das sollte sich doch auch lohnen. Nach einem strukturierten Ideenfindungsprozess und der Bewertung von rund 150 verschiedenen sozialen und ökologischen Problemen kamen wir auf die CO2-Märkte und die Möglichkeiten, die sie bieten, um wirtschaftliche und ökologische Ziele in Einklang zu bringen. Wir lernten außerdem, wie schwierig es für kleinere Waldbesitzende ist, Zugang zu diesem Markt zu erhalten. Da wurde uns klar, dass wir genau dieses Problem lösen wollen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Pina Earth erklären?

Pina Earth hilft Waldbesitzenden nicht nur mit Holz Geld zu verdienen, sondern auch für Klimaschutz entlohnt zu werden. Die Währung ist dabei ein CO2-Zertifikat, welches für eine Tonne zusätzlich gespeichertes CO2 steht. Unser Job als Software-Startup ist es dabei dem Waldbesitzenden zu helfen, wichtige Regeln einzuhalten und zu dokumentieren, um ein CO2-Zertifikat generieren zu können. Wir berechnen zum Beispiel, wieviel CO2 durch neue Bewirtschaftungsmaßnahmen im Wald zusätzlich gespeichert werden kann und prüfen regelmäßig, ob die Maßnahmen umgesetzt werden.

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?

Unser Geschäftsmodell basiert auf einer Kombination aus einer SaaS-Gebühr für die Nutzung der Plattform und einer Kommission beim Verkauf der CO2-Zertifikate. Unser Ziel ist es den Marktzugang für Waldbesitzende zu demokratisieren. Um das zu erreichen, möchten wir die finanziellen Hürden für den Start eines CO2-Projekts möglichst gering halten.

Wie genau hat sich Pina Earth seit der Gründung entwickelt ?

Angefangen haben wir mit der Entwicklung unserer Methodik und Technologie. Dafür haben wir uns tief ins Thema eingelesen, um sinnvolle Regeln und Features für unsere Software abzuleiten. Die Weiterentwicklung davon ist ein kontinuierlicher Prozess. Dennoch konnten wir bereits erste Projektflächen akquirieren und sind stolz, dass diese nun vom TÜV Nord Cert geprüft und zertifiziert sind. Das war definitiv ein großer Meilenstein! Aktuell erstrecken sich unsere Waldumbauprojekte bereits über 1.000 Hektar in Deutschland.

Daneben arbeiten wir mit dem Ecosystem Value Association e.V. zusammen, um unsere Waldumbau-Methode unter dem Waldklima-Standard zu akkreditieren. Der Waldklima-Standard ist der erste deutsche Standard zur Zertifizierung von Ökosystemleistungen. In diesem Prozess sammeln wir Feedback zu unserer Methodik von Expert:innen aus unterschiedlichen Fachbereichen. Durch den Akkreditierungsprozess können wir unsere Methode weiter verbessern und schaffen außerdem Transparenz zu unserem Vorgehen. Als Ergebnis können wir unsere Waldumbauprojekte unter einem eigenen deutschen Standard zertifizieren, vollkommen angepasst auf unsere lokalen Bedingungen!

All das wäre ohne unsere Finanzierungsrunde im letzten Jahr nicht möglich gewesen, ebenfalls ein großer Meilenstein in unserer Entwicklung. Die Aufnahme in den US-Accelerator Y Combinator Anfang 2022 hat uns nicht nur den Zugang zu Investor:innen eröffnet, sondern bietet uns auch weiterhin viele Vorteile durch den Reputationsgewinn und das Mentorship. Die Finanzierung hat uns auch ermöglicht, unser Team aufzubauen, zu mittlerweile 15 Mitarbeitenden.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?

So richtig schief gegangen ist zum Glück noch nicht viel. Dennoch hatten wir natürlich große Herausforderungen, die wir überwinden mussten. Der Einstieg in das Thema CO2-Märkte und Zertifizierung ist komplex: Um ein tiefgehendes Verständnis über diese Thematik zu erlangen, haben wir jede Methodik, die es zu Wald-Klimaschutzprojekten gibt, gelesen. Das sind tausende Seiten Normdokumente, die beschreiben, welche Kriterien CO2-Zertifikate erfüllen müssen. Das war etwas mühsam, jedoch gleichzeitig eine wichtige Basis, auf die wir nun bauen. Aus dieser intensiven Beschäftigung haben wir Regeln und Software-Feature abgeleitet, die die Qualität unserer Zertifikate sicherstellen. Daneben war es für mich eine persönliche Herausforderung zum ersten Mal das Fundraising anzuleiten. Hier haben wir viel Unterstützung von anderen Gründer:innen und Mentor:innen erhalten und konnten so eine sehr erfolgreiche Seed-Runde mit starken Investor:innen abschließen.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

Das klingt vielleicht trivial, aber eine Sache, auf die ich besonders stolz bin, ist unser Team bei Pina Earth. Wir alle teilen die Überzeugung, dass wir etwas Sinnvolles mit unseren Karrieren machen wollen. Ich glaube, dass alle genau aus diesem Grund zu uns gekommen sind. Gleichzeitig teilen wir einen großen Ehrgeiz, unsere Ziele auch zu erreichen. Abgesehen davon haben wir gemeinsame Werte, die uns als Team verbinden. Dazu gehören eine allgemeine Neugierde und Offenheit, neue Dinge zu lernen. In einem Start-Up ist zudem eine „Just do it“ Mentalität notwendig, wobei wir achtsam mit unseren Ressourcen umgehen. Und selbst wenn es stressig wird oder Fehler passieren, gehen wir immer respektvoll und freundlich miteinander um, und nehmen uns nicht zu ernst. In Summe sind wir ein Team von Menschen, die zwar sehr unterschiedliche Hintergründe haben, aber in der Mission vereint sind. Das macht unsere Unternehmenskultur aus.

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?

In einem Jahr ist nicht nur unser Team größer geworden, sondern vor allem die Anzahl an Wald-Klimaschutzprojekten, die durch Pina Earth gestartet werden konnten, gewachsen. Wir haben bis dahin den Akkreditierungsprozess unter dem Waldklima-Standard erfolgreich abgeschlossen und so die Methode Waldumbau in Deutschland etabliert.

Unsere Technologie wird sich weiterentwickeln, um Waldbesitzende schnell durch den Zertifizierungsprozess zu leiten und einen einfachen Zugang zum CO2-Markt zu ermöglichen. Wir werden unsere Vertriebsaktivitäten ausweiten und auch weitere Partnerschaften mit Unternehmen im Nachhaltigkeitsbereich eingehen, um unseren Impact zu skalieren und es Käufern einfach zu machen, in unsere Projekte zu investieren. Unsere “North Star Metric” sind dabei die Tonnen CO2, die durch uns zusätzlich gespeichert werden können. Das Schöne daran: Business und Impact skalieren bei uns gleichzeitig.

Vielen Dank für das Interview.

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